Seegras ist für mich voller Kindheitserinnerung. Gerüche, Geräusche und Empfindungen, gemischt mit ein bisschen Sehnsucht. Doch Seegras ist ein echter Störfaktor: Jährlich werden tausende Tonnen Seegras der Art Zostera Marina an die deutsche Küste gespült. Als unansehnlicher brauner Teppich verunziert die angeschwemmte Biomasse die Sandstrände. Sehr zum Ärger der Küstenbewohner und Touristen. Diese – als wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region – erwarten saubere Strände. So landet das Naturmaterial als Sondermüll auf Deponien.
Ich stellte mir die Frage gestellt, ob es möglich ist aus dem scheinbar überflüssigen Abfallprodukt einen Werk- und Wertstoff herzustellen. Um innovativ zu sein ist es wichtig die Dinge, mögen sie zunächst noch so abwegig erscheinen, auch mal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. So habe ich den scheinbar überflüssigen Abfall nicht als solchen abgetan, sondern als interessantes Material angesehen, mit dem ich mich in Materialexperimenten näher auseinander setzte um herauszufinden ob das pflanzliche Abfallprodukt nicht einen Mehrwert bietet und eventuell konventionelle Komponenten in Werkstoffverbunden ersetzen könnte.
Als oberstes Gebot meiner Materialexperimente hatte ich mir gesetzt, ausschließlich nachwachsende und biologisch basierte Materialien zu verwenden. Der minimalistische Hocker Zostera Stool ist das Resultat vieler Materialexperimente mit dem Material Seegras, in denen mithilfe eines biologisch basierten Harzes, welches größtenteils aus pflanzlichen Ölen hergestellt wird, ein neuer Werkstoff, ein Seegrasfaserverstärkter Biokunststoff, gewonnen wurde. Entstanden ist ein leichtes und dennoch sehr stabiles Eco-Material, das die natürliche Ästhetik der abgestorbenen Pflanzenteile hervorhebt und in seiner Haptik an Kork erinnert. Durch das Sortieren des Seegrases in helle und dunkle Farbnuancen entstehen weitere Farbvarianten. Der Hocker ist bewusst minimalistisch gestaltet, um das neue Material hervorzuheben. Die nur ein Zentimeter dicke Sitzfläche der Hocker demonstriert, wie stabil das Material ist.
Mit meinem Projekt möchte ich einen Denkanstoß liefern, wie wir in Zukunft in unserer Ressourcen-verschwendenden Gesellschaft alternativ mit Abfallmaterialien umgehen können.
Press: designmilk, dezeen, treehugger, Domus
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